Digitales Vertrauen: Was machen die denn da?

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Fragen Sie sich auch manchmal, was Ihr Gegenüber eigentlich macht, wenn Sie in Online-Meetings sind? Hören alle zu? Sind alle "bei der Sache"? Fangen Sie an, Ihr Gegenüber zu beobachten und zu schauen, wie die Reaktionen sind? Geht der Blick von der Kamera weg nach unten? Was macht die Person da? Tippt Sie private WhatsApp-Nachrichten oder schreibt sie wichtige Gedanken auf? Und was liest die Person, deren Augen Zeile für Zeile durchgehen? Ist es eine wichtige Mail, die gerade reinkam, oder langweilt sie sich nur und liest etwas zur Entspannung? Die Lösung ist relativ einfach: Kamera ignorieren oder Kamera ausschalten lassen.

Ich wurde neulich nach einer Online-Kurzveranstaltung gefragt, wie meine Wahrnehmung zur Beteiligung war. Und das Spannende daran: die Person, die ich als aktivste Beteiligte eingeschätzt hatte, wurde von einer anderen Person als eher desinteressiert wahrgenommen. Woran lag es? Der immer wieder gesenkte Blick und das parallele Schreiben. Für mich war absolut klar: eine "Traumteilnehmerin", denn bei jedem Aha-Effekt, den ich versucht hatte zu platzieren, senkte sie den Kopf und schrieb etwas mit. Punktladung. Man, war ich glücklich. Aus Sicht der anderen Beteiligten kam diese vollkommen andere Bewertung. 

Ich denke, dass die Menschen im Regelfall erwachsen sind. Wir reden hier teilweise von Führungskräften – oft 40, 50 oder 60 Jahre alt. Ich glaube, dass Menschen eigenständig denken und handeln können. Wenn jemand in einem Präsenzseminar ans Telefon geht und dann direkt den Raum verlässt, dann ist es keine Störung – sondern die Entscheidung einer erwachsenen Person, dass dieser Anruf gerade wichtiger ist als mein Redebeitrag. Passt! Meine Bitte ist lediglich, dass möglichst leise der Raum verlassen wird. Und das gleiche Szenario gilt für mich online – egal ob Seminar oder Besprechung. Vielmehr nehme ich das Problem in falsch gesetzten Zielen wahr: Seminare werden z. B. für Zertifikate und Abschlüsse besucht. Ich habe noch nie Langeweile erlebt, wenn jemand ein Seminar aufgrund eines Problems besucht hat. Und ich habe in keiner Besprechung Langeweile erlebt, wenn jeder einfach seine Aufgabe hatte. 

Das Fazit für mich lautet: wir sollten mehr von erwachsenen Menschen ausgehen. Wenn es klare Aufgaben gibt und die nachvollziehbar (sinnhaft) sind, dann brauche ich weniger Kontrolle (über Kamera oder anhand von Mausbewegungen im Homeoffice) und auch keine "Bespaßung". Wenn wir das Gefühl haben, wir haben nicht genug Kontrolle oder müssten für mehr Spaß sorgen, dann gibt es meist keine klaren Ziele und Aufgaben – oder, im Kontext des Spaßes, der Person gelingt kein Sinnempfinden bei der Tätigkeit. Und an der Stelle darf man sich ruhig die Frage stellen: wen lade ich in eine Besprechung ein und welche Aufgabe soll die Person dort erfüllen? Wen schicke ich zum Seminar und welches Problem soll er nachher lösen? Habe ich das alles jedes Mal klar kommuniziert? Und wenn wir es schaffen, uns ehrlich in diesen Settings zu begegnen und miteinander zu reden, dann brauchen wir uns wahrscheinlich auch nie wieder darüber Gedanken machen, wie welche Mimik vor der Kamera zu verstehen ist. Auf ein vertrauensvolles Miteinander.

Wenn Sie Gedanken zu dem Thema haben oder Interesse an einem Coaching oder Impuls für Ihre Organisation, dann schreiben Sie mir gern: Roland Schulz (schulz@wissensimpuls.de).

2025-03-04
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